– Das FoxFire Ein-Jahres-Training

von S. Alexander Alich, Übersetzt von Leonie Werner

Was ist Initiation?

Initiation ist ein Wort, das heute viel verwendet und romantisiert wird. In den Jahren meiner Tätigkeit als Lehrer sind schon viele auf mich zugekommen und haben mich um eine Initiation in den Schamanismus gebeten. Bei vielen von ihnen stand allerdings die Einstellung dahinter, es handele sich dabei um etwas, das sie kaufen und, wenn es ihnen nicht gefällt, wieder vergessen können. Doch was bedeutet es, initiiert zu sein? Ist man jetzt ein Schamane, eine Schamanin? Ist eine Initiation heute etwas anderes als früher?

Initiation ist die Einführung in eine größere und anfangs unbekannte Welt, die man nicht ungeschehen machen kann. Initiation ist ein Anfang, ein Ausgangspunkt. Wir können eine Initiation zum Beispiel nutzen, um die Entwicklung aus der einseitigen Abhängigkeit von den Eltern hin zur gegenseitigen Beziehung und Übernahme von Verantwortung in der Welt ganz bewusst zu vollziehen. Dabei wird uns hoffentlich auch klar, wo wir in dieser größeren Welt unseren Platz haben, und wir fühlen uns als Teil von etwas bestätigt, das wesentlich größer ist als wir. In einer schamanischen Initiation können wir Möglichkeiten kennen lernen mit Dingen umzugehen, die nicht in unsere materielle Welt passen – ein Wissen, das unserer heutigen „modernen Kultur“ fehlt.

Der Ruf zur Initiation.

Voraussetzung für unsere Initiation ist eine solide Basis, auf der wir aufbauen können. Diese Basis ist notwendig, damit wir nicht in der für uns neuen, größeren Welt untergehen. Ohne diese Basis kann die Initiation nicht vollzogen werden, denn dann werden wir einfach ignorieren, was uns gerade eröffnet wurde, und unberührt weitergehen. Für mich als Lehrer ist es eine der größten Herausforderungen, meinen Schülern beim Aufbau dieser Basis zu helfen.

Die meisten Menschen, die zu mir kommen, wollen eigentlich diese Basis finden und nicht Schamanen werden. Sie sind auf der Suche nach einem größeren Zusammenhang, der es ihnen erlaubt, ihre Erfahrungen, für die sie bisher in der Wissenschaft und der westlichen Zivilisation keine Erklärung finden konnten, einzuordnen. Es ist ihnen sehr wichtig, dass sie ihre „außer“gewöhnlichen Erfahrungen annehmen und ihr normales Leben weiterführen können, ohne sich immer wieder fragen zu müssen, ob das, was sie erleben, eigentlich möglich ist oder ob mit ihnen etwas nicht in Ordnung ist.

Sie möchten auch initiiert werden, um sich vor allem ihre körperliche und seelische Gesundheit zu erhalten, indem sie lernen zu unterscheiden, was zum Alltag gehört und was Teil der nicht alltäglichen Realität ist oder einfacher ausgedrückt, was wir erklären können und was nicht. Wenn wir ein solides Fundament aufbauen, auf dem wir festen Stand finden und von dem aus wir unterscheiden lernen, was wohin gehört, entwickelt sich ein umfassendes Gefühl von Erleichterung und Sicherheit. Das Resultat ist eine reifere und ausgeglichenere Person mit weniger Problemen, die weiß, wo sie in der Welt und ihrer Gemeinschaft steht. Eine schamanische Initiation kann einer Person mit einer stabilen Basis helfen, ihre Geisthelfer zu treffen und mit ihnen zu arbeiten. So lernen wir, dass wir nicht alleine auf unserem Weg unterwegs sind. Sie kann uns auch kreative Möglichkeiten im Umgang mit den Herausforderungen bieten, denen wir uns in unserem Leben stellen müssen.

Vorbedingungen für eine Initiation

Wenn wir uns einlassen und Verantwortung übernehmen, setzen sich Dinge in Bewegung und es zeigt sich, in welcher Richtung es für uns weitergeht. Ohne diese zwei Voraussetzungen können wir mit der Zeit unsere Energie und sogar einen Teil unserer Lebensenergie (unseres spirits) verlieren. Wenn ich von Verantwortung oder sich Einlassen spreche, denke ich dabei an die folgenden vier Bereiche in der angegebenen Reihung:

  1. Für uns selbst und unsere Arbeit die Verantwortung übernehmen. Das sollte immer unser Ausgangspunkt sein, denn niemand anders kann oder sollte die Verantwortung für unsere spirituelle Arbeit tragen. Wir müssen immer aus eigenem Willen auf unseren eigenen zwei Beinen voranschreiten.
  2. Sich auf den spirit einlassen und auf etwas, das größer ist als wir, wie immer wir diese höhere Macht nennen wollen.
  3. Sich auf einen bestimmten spirituellen Weg einlassen, zum Beispiel auf den schamanischen Weg.
  4. Sich auf einen Lehrer einlassen, der uns leiten und in den nächsten Schritt initiieren kann.

Ein-Jahres-Initiation

Im Jahr 1992 stellte sich mir die Aufgabe, eine schamanische Initiation zu entwickeln, die in unserer heutigen Zivilisation funktionieren und auch moderne Probleme ansprechen sollte. Natürlich sagte ich anfangs nein. Meine eigene Initiation hatte mich mit meinem eigenen Tod konfrontiert und meine Vorstellung von den Abläufen dieser Welt vollkommen in Frage gestellt. Sie forderte von mir viele spirituelle und körperliche Opfer. Es war nicht nur eine Erfahrung auf Leben und Tod für mich, sie gehörte auch zu einer anderen Kultur und zu einer anderen Zeit. Ich wusste beim besten Willen nicht, wie ich diese Erfahrung für Menschen aus der westlichen Zivilisation „übersetzen“ sollte, die auch danach in ihrem westlichen Alltag weiterleben sollten. Doch durch den Einsatz vieler Menschen, durch ihre Hilfe, Geduld, Vertrauen und auch Opfer begann langsam eine neue Initiation in den erlebbaren Schamanismus Gestalt anzunehmen.

Die heutige Form unserer Arbeit

Heute arbeiten wir in einem einjährigen Training, das aus vier Teilen besteht. Den Schülern und Schülerinnen werden Herausforderungen gestellt und Wissen vermittelt, die ihnen beim Aufbau einer soliden Grundlage für ihre Arbeit und bei der Initiation in den schamanischen Weg helfen können. Wissen wird durch Erfahrungen und Rituale vermittelt, die entwickelt wurden, um unsere Verbindung und Beziehung zum Great Spirit zu bilden und stärken. Wir arbeiten mit dem Weg der Schönheit – ein sanftes und geführtes Entfalten unseres Selbst, das uns zu dem speziellen Talent jedes Einzelnen führen soll.

Wir werden mit heiligen Werkzeugen, mit Gesängen, Zeremonien, Übungen, Unterricht, Anfertigen von speziellen Gegenständen und heilenden Händen arbeiten, um unseren Verstand, Körper, Herz, spirit und auch unser eigenes Talent zu unterstützen. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen können zusätzlich zu den Ritualen und der Heilungsarbeit, die sie im Laufe des Trainings lernen, Erfahrungen in der Arbeit mit einem spirituellen Lehrer, mit einer spirituellen Gemeinschaft und einem spirituellen Kreis sammeln. Das Training mündet in eine 5tägige Initiation in der Natur, in die alle Teilnehmer und Teilnehmerinnen das mitnehmen, was sie gelernt haben, und sich der Begegnung mit dem spirit stellen. Hier haben sie die Möglichkeit, alles Gelernte anzuwenden und das loszulassen, was in ihrem Leben nicht mehr funktioniert.